Europäische Zentralbank: Aufgaben, Organe, Geldpolitik

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Die Europäische Zentralbank mit Hauptsitz in Frankfurt am Main bildet zusammen mit anderen Zentralbanken das Europäische System der Zentralbanken und verfolgt eine einheitliche Geldpolitik.

Aufgaben der Europäischen Zentralbank (Video)

Mit ihrer Arbeit soll die Europäische Zentralbank die Preisstabilität im gesamten Raum der EU sicherstellen, wobei dieses Ziel das im Vertrag von Maastricht festgelegte ist. Das Europäische System der Zentralbanken soll dafür sorgen, dass die Wirtschaftspolitik nicht durch instabile Preise gefährdet wird.

Zu den Aufgaben der Europäischen Zentralbank gehören im Detail:

  • Festlegung der Geldpolitik der Länder, in denen der Euro das anerkannte Zahlungsmittel ist
  • Ausführung der Festlegungen zur Geldpolitik
  • Durchführung festgelegter Devisengeschäfte
  • Sicherstellung der Zahlungssysteme
  • Verwaltung der Währungsreserven der EU-Mitgliedsländer
  • Genehmigung der Ausgabe von Banknoten
  • Kontrolle der Stabilität der Finanzmärkte
  • Aufsicht über Kreditinstitute

Video: Hinter den Kulissen der Europäischen Zentralbank | Galileo | ProSieben

Die Beeinflussung der Leitzinsen als Aufgabe der EZB

Die Leitzinsen sind wohl die Aufgabe bzw. das Instrument, das am häufigsten mit der Europäischen Zentralbank in Verbindung gebracht wird. Die allgemeine Öffentlichkeit nimmt die Themen rund um die Leitzinsen zumindest am stärksten wahr, denn diese beeinflussen auch die privaten Sparanlagen.

Ganz allgemein gilt: Die Leitzinsen legen fest, zu welchem Preis Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen oder anlegen können. Es geht dabei um den Mindestbietungssatz, der als Zinssatz für Kredite mit der Laufzeit von einer Woche gilt.

Zum anderen ist der Einlagensatz relevant, dieser ist der Zinssatz, der für Einlagen durch nationale Zentralbanken festgelegt wird. Als Drittes ist der Spitzenfinanzierungssatz zu nennen, der als Zinssatz für Tagesgeldgeschäfte relevant ist.

Die persönlichen Kreditzinsen, die jeder einzelne Verbraucher bei einer Kreditaufnahme genannt bekommt, werden nicht direkt durch die Europäische Zentralbank festgelegt. Wohl aber werden sie durch die Geldpolitik der EZB direkt beeinflusst, denn die Banken geben einen Teil der ihnen auferlegten Zinsen an ihre Kunden weiter.

Mit ihrer Arbeit soll die Europäische Zentralbank die Preisstabilität im gesamten Raum der EU sicherstellen, wobei dieses Ziel das im Vertrag von Maastricht festgelegte ist. ( Foto: Shutterstock-ilolab )

Mit ihrer Arbeit soll die Europäische Zentralbank die Preisstabilität im gesamten Raum der EU sicherstellen, wobei dieses Ziel das im Vertrag von Maastricht festgelegte ist. ( Foto: Shutterstock-ilolab )

Ziele der EZB

Somit ist es die wichtigste Aufgabe der EZB, sich mit der Geldpolitik rund um den Euro auseinanderzusetzen.

Diese Aufgabe wiederum dient dazu, die Ziele der Europäischen Zentralbank zu erreichen:

  • Erhaltung der Preisstabilität
    Geldwerte sollen nicht zu stark schwanken. Dies zu verhindern, ist Aufgabe der EZB. Die Messgröße, um Schwankungen erkennen zu können, ist die Inflation.
  • Gewährleistung einer gleichmäßigen Entwicklung der Konjunktur
    Die EZB soll ihre Aufgaben mit dem Ziel, eine Rezession zu verhindern, wahrnehmen. Die EZB beobachtet dafür die Auslastung der volkswirtschaftlichen Kapazitäten, die über eine Erhöhung oder Senkung des Leitzinsens beeinflusst werden.

Diese beiden Hauptziele werden durch Unterziele komplettiert. Zu diesen zählen zum Beispiel die Sicherstellung einer möglichst hohen Anzahl an Beschäftigten (Stichwort Vollbeschäftigung) und die Gewährleistung eines angemessenen und stabilen wirtschaftlichen Wachstums.

Um die Ziele zu erreichen, nutzt die Europäische Zentralbank restriktive oder expansive Mittel der Geldpolitik. Restriktive Maßnahmen sollen die im Umlauf befindliche Geldmenge verringern, damit das Risiko einer Inflation gesenkt wird.

Expansive Maßnahmen stellen in der Geldpolitik das Gegenstück dazu dar und beinhalten die Erhöhung der im Umlauf befindlichen Geldmenge. Damit soll erreicht werden, dass die Wirtschaft durch niedrige Zinsen angekurbelt wird.

Zusammengefasst ergibt sich damit als wichtigstes Ziel der Europäischen Zentralbank die Preisstabilität, wobei weder Inflation noch Deflation gewünscht sind. Durch stabile Preise lassen sich ein höheres wirtschaftliches Wachstum sowie ein höherer Wohlstand gleichermaßen erreichen. Außerdem werden Anreize zu Investitionen und Konsum geschaffen.

Bei der Investition in Wirtschaftssubjekte sollen so geringe Transaktionskosten wie möglich anfallen. Des Weiteren besteht ein Ziel der EZB darin,

  • den sozialen Frieden sowie
  • eine wirtschaftliche Stabilität und
  • politische Stabilität

zu gewährleisten.

Zusammengefasst ergibt sich damit als wichtigstes Ziel der Europäischen Zentralbank die Preisstabilität, wobei weder Inflation noch Deflation gewünscht sind. (Foto: Shutterstock- eamesBot )

Zusammengefasst ergibt sich damit als wichtigstes Ziel der Europäischen Zentralbank die Preisstabilität, wobei weder Inflation noch Deflation gewünscht sind. (Foto: Shutterstock- eamesBot )

Organe der Europäischen Zentralbank (Video)

Verschiedene Organe der EZB arbeiten am Erreichen der genannten Ziele zusammen.

Im Einzelnen sind dies:

  • Das Direktorium

    Das Direktorium wird durch den Präsidenten der EZB sowie durch den Vizepräsidenten gebildet. Dazu kommen vier weitere Mitglieder. Im Jahr 2019 wurde Christine Lagarde zur Präsidentin ernannt. Die Mitglieder des Direktoriums werden durch den Europäischen Rat gewählt, wofür eine qualifizierte Mehrheit nötig ist.

    Das Direktorium bereitet die Sitzungen des EZB-Rates vor und setzt Leitlinien sowie Entscheidungen des Rates um. Es kann den nationalen Zentralbanken die erforderlichen Weisungen erteilen. Außerdem übernimmt das Direktorium die Geschäftsführung der EZB und nimmt die ihm übertragenen Befugnisse wahr.

    Das Direktorium wird durch den Präsidenten der EZB sowie durch den Vizepräsidenten gebildet. (Foto: Shutterstock-_Markus Wissmann)

    Das Direktorium wird durch den Präsidenten der EZB sowie durch den Vizepräsidenten gebildet. (Foto: Shutterstock-_Markus Wissmann)

  • Der Rat der Europäischen Zentralbank

    Der EZB-Rat stellt das wichtigste Beschlussorgan innerhalb der EZB dar. Er besteht aus sechs Mitgliedern des Direktoriums und dem Präsidenten der jeweiligen nationalen Zentralbanken der EU-Länder. Der Rat ist dafür zuständig, Leitlinien zu erlassen sowie Entscheidungen zu treffen, die zum Erfüllen der oben erwähnten Aufgaben nötig sind.

    Zudem ist der Rat für die Festlegung der Geldpolitik innerhalb des Eurogebietes zuständig. Das beinhaltet die Beschlussfassung zum Erreichen geldpolitischer Ziele ebenso wie die Bereitstellung von Geld für die Zentralbanken. Auch das Festlegen der Leitzinssätze obliegt dem Rat der Europäischen Zentralbank.

    Des Weiteren formuliert der Rat die Leitlinien, die zur Umsetzung der Beschlüsse nötig sind. Um die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen, tagt der Rat alle vierzehn Tage in Frankfurt am Main und hier im Eurotower.

  • Der Erweiterte EZB-Rat

    Präsident und Vizepräsident der EZB sowie die Präsidenten der einzelnen nationalen Zentralbanken bilden den Erweiterten EZB-Rat. Hier sind alle Vertreter der insgesamt 27 Mitgliedsstaaten vertreten, wobei auch Vertreter der Länder dazugehören, in denen der Euro nicht das zulässige Zahlungsmittel ist.

    Der Erweiterte EZB-Rat ist ein Übergangsgremium, das dann aufgelöst wird, wenn alle Länder den Euro eingeführt haben. Er hat die Aufgaben übernommen, die einst dem Europäischen Währungsinstitut oblagen. Durch den Erweiterten EZB-Rat werden die Länder bzw. deren Vertreter über Beschüsse des EZB-Rates informiert, auch wenn diese den Euro bisher nicht eingeführt haben.

Video: EZB Rat | Mitglieder und Aufgaben

Die Europäische Zentralbank und ihre Geldpolitik (Video)

Der Grundstein für die Geldpolitik der EZB wurde am 13. Oktober 1998 gelegt, als sich der Rat auf seine künftige Strategie in Sachen Preisstabilität und Überwachung der Geldmenge einigte. Insgesamt wurden dafür zwei Säulen festgesetzt: die wirtschaftliche Analyse auf der einen, die monetäre Analyse auf der anderen Seite.

Wirtschaftliche und monetäre Analyse

Die einzelnen Funktionen der Säulen wurden am 8. Mai 2003 noch einmal klar festgelegt. Die Überprüfung sämtlicher Strategien zur Geldpolitik sollte eigentlich bis Ende 2020 abgeschlossen sein, aufgrund der Pandemie in Europa und in der Welt wird deren Ende aber erst im Laufe des Jahres 2021 erwartet.

  • Die wirtschaftliche Analyse
    Die Geldpolitik der EZB fußt zum einen auf der wirtschaftlichen Analyse. Sie wiederum bezieht Bestimmungsfaktoren für die Preisentwicklung, die sowohl kurz- als auch mittelfristig festgelegt werden. Vorrangig geht es dabei um die aktuelle Finanzlage sowie um die Entwicklung der realen Wirtschaft.

    Geprüft werden die gesamtwirtschaftliche Produktion, die Bedingungen am Arbeitsmarkt sowie die Nachfrage. Verschiedene Kostenindikatoren werden dabei berücksichtigt, Preise für Vermögenswerte, Zahlungsbilanzen und die gesamte Finanzpolitik werden einbezogen.

  • Die monetäre Analyse
    Zwischen Preisen und Geldmengen gibt es einen langfristigen Zusammenhang, der für die monetäre Analyse herangezogen wird. Geldmengen und Kredite werden in ihrer Entwicklung beurteilt, außerdem die Inflation und das Wirtschaftswachstum bewertet.

Video: Nullzinsen: Wie und warum die EZB Staatsanleihen kauft | mex

Umsetzung der Geldpolitik mit verschiedenen Instrumenten

Die Europäische Zentralbank kann indirekt die Zinssätze der Volkswirtschaften beeinflussen, wobei es vorrangig um die Zinsen für Darlehen und Spareinlagen geht. Um die gewünschte Geldpolitik umzusetzen, bedient sich die Europäische Zentralbank verschiedener Instrumente:

  • Offenmarktgeschäfte
    Diese gehören zu den traditionellen Instrumenten der Geldpolitik der EZB und werden bei der Steuerung der Zinssätze sowie der Signalgebung des Kurses der Geldpolitik eingesetzt.
  • Ständige Fazilitäten
    Auch dieses Instrument gehört zu den traditionellen Instrumenten und stellt die sogenannte Übernachtliquidität bereit. Hierbei ist der Euro Overnight Index Average wichtig, mit dessen Hilfe der effektive Zinssatz für Tagesgeldgeschäfte im Euro-Interbankenbereich ermittelt wird.
  • Mindestreserven und deren Unterhaltung
    Ein weiteres traditionelles Instrument der Geldpolitik befasst sich mit den Mindestreserven, die die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken unterhalten. Ihr Ziel ist es, kurzfristige Zinssätze am Markt zu stabilisieren und dafür zu sorgen, dass strukturelle Liquiditätsknappheiten geschaffen oder vergrößert werden.
  • Outright-Geschäfte
    Im Bereich der Outright-Geschäfte, die zu Sondermaßnahmen und Maßnahmen in Krisenzeiten gehören, werden Staatsanleihen am Sekundärmarkt getätigt. Dies soll geldpolitische Transmissionen sicherstellen sowie eine gewünschte Dies soll geldpolitische Transmissionen sowie eine gewünschte Einheitlichkeit der Geldpolitik sicherstellen. Bisher wurde dieses Instrument noch nie genutzt.
  • Forward Guidance
    Die Europäische Zentralbank gewährt bereits seit 2013 einen Ausblick auf die kommende Zinspolitik, was als Forward Guidance bezeichnet wird. Mit dem ersten Ausblick dieser Art wurde klar, dass die Europäische Zentralbank einen Wandel in ihrer Kommunikationspolitik durchlebt hatte.

    Somit wird nicht nur darüber berichtet, welche aktuellen Risiken und wirtschaftlichen Entwicklungen vorliegen, sondern auch, wie sich die Preisstabilität in Zukunft entwickeln wird und was die Ausrichtung der Geldpolitik der EZB in naher Zukunft bringen könnte.

    Die Europäische Zentralbank gewährt bereits seit 2013 einen Ausblick auf die kommende Zinspolitik, was als Forward Guidance bezeichnet wird. (Foto: Shutterstock- _DesignRage)

    Die Europäische Zentralbank gewährt bereits seit 2013 einen Ausblick auf die kommende Zinspolitik, was als Forward Guidance bezeichnet wird. (Foto: Shutterstock- _DesignRage)

  • Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
    Die Europäische Zentralbank hatte im Juni 2014 eine Reihe längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte angekündigt, mit denen sich der Bereich der Kreditvergabe im innereuropäischen Raum vereinfachen lassen sollte. Die noch bestehenden Refinanzierungsgeschäfte der dritten Reihe (mit Beginn im März 2019) wurden gelockert, da sich durch die Pandemie neue Bedingungen ergaben. Die geltenden Zinssätze wurden vorerst gesenkt. Banken können nun einen Kredit zu einem Zinssatz aufnehmen, der 50 Basispunkte über der festgelegten Einlagefazilität liegt. Dies gilt noch bis Juni 2022.
  • Ankauf von Vermögenswerten
    Die Europäische Zentralbank hatte bereits seit 2009 verschiedene Programme umgesetzt, die sich um den Ankauf von Vermögenswerten drehten und die Geldpolitik der EZB unterstützen sollten. Das Ziel der Programme bestand darin, dass das Wachstum im Euro-Währungsraum unterstützt und dass das Ziel, die Inflation auf unter zwei Prozent zu halten, erreicht werden sollte.

    Die einzelnen Programme sahen diese Punkte vor:-

    • Ankauf von Wertpapieren aus dem Unternehmenssektor
    • Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren
    • Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen

    Auch weitere Programme waren enthalten, diese sind aber mittlerweile abgeschlossen. Der bisherige Nettoankauf von Vermögenswerten wurde aufgrund der weltweiten Pandemie auf 120 Mrd. Euro zusätzlich erhöht.

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